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  Kurzgeschichten | Februar 08
 
Todesengel...


Sie sitzt so da, leise wimmernd, ist ihr kalt? Ihr kupferrotes Haar ist ganz zersaust, der Wind weht, ist ihr kalt? Mir gibt dieser Friedhof Wärme, er ist meine Heimat, so dunkel, so kühl und schön...
Mit langsamen Schritten gehe ich auf sie zu. Mein Atem ist schnell, fast erregt. Oh ja, ich ergötze mich an
ihrer Verzweiflung, an ihren Schmerzen, an ihrer Angst.
Ich spüre ihre Gefühle, nehme ihre Gedanken war. Kleines, naives Wesen...
Auf einmal bemerkt sie mich. Sie sieht mich an, meine Körperstatue - mein Gesicht bleibt unerkannt, versteckt in meinem besten Freund; der Dunkelheit.
"Sieh dich nur an" , sage ich mit leiser Stimme. Ein leises Lächeln zeichnet sich in meinem Gesicht ab. "Schwach und klein... Allein gelassen und am Boden..."
Ihre Angst, all das negative, sauge ich in mir auf. Oh, welch eine Mahlzeit...
"Sehnst du dich nach dem Tod?" , frage ich mit eisiger Stimme. Und dann eine kleine Stille. Oh, ihre Gedanken sind doch wirklich zu köstlich...
Dann ein langsames, zaghaftes Nicken. Meine Augen wollen in die ihren blicken, sehen, ob sie sich geweitet haben.
Wieder gehe ich einige Schritte weiter, langsam und elegant. Ich merke, wie sie innerlich bebt. Diese Angst, diese Aufregung scheint sie innerlich bereits aufzufressen...
Einige Meter vor ihr bleibe ich stehen. "Hast du Angst?"
Sie schüttelt ihren Kopf. Wut schäumt in mir auf, doch noch kann ich sie verstecken. Noch...
Nun gehe ich endgültig zu ihr, beuge mich zu ihr herunter. Noch immer wagt sie es nicht, nach meinen Augen zu suchen.
"Du dummes Ding" , seufze ich sehnsüchtig und nehme ihr Kind in eine meiner Hände. "Jung und einfältig..."
Auf einmal brennt eine Fackel und das Mädchen zuckt erschreckt zusammen. "Na na, wer wird denn da Angst haben?"
Endlich blickt sie in mein Gesicht, und auch ich kann nun ihres vollständig erkennen.
Diese kleine zierliche Nase, diese leeren schwarzen Augen, diese schmalen ernsten Lippen und die helle Haut - einfach göttlich...
Langsam bewege ich mein Gesicht auf ihres zu, mein Mund ist leicht geöffnet. Ich küsse ihren Hals entlang.
Dann beginne ich bei ihrem Gesicht; die Stirn entlang, die Nase, die Wangen.... bis mein Mund auf ihrem bleibt.
Schlagartig drücke ich ihren Hals fester, ich höre leises röcheln, ihr Versuch, zu atmen...
Und ich blicke in ihre Augen, die all den Pein, die Einsamkeit und den Hass zeigen, welchen sie erlebt hat - und die Angst, die Angst vor mir.
Und ich blicke in sie, bis auch der letzte Funken der Angst für immer von dieser Welt gegangen ist..


 
 
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